Fassadenkonstruktionen

Der ursprünglich dem Lateinischen entstammende und für Angesicht stehende Begriff der Fassade
beschreibt im engeren Wortsinn die äußere Oberfläche einer Gebäudehülle, die Gebäudeaußenhaut,
und gedanklich etwas weiter gefasst die zur Gebäudehülle gehörenden Bauteilkonstruktionen. Die Bauarten bzw. Konstruktionsarten sind mannigfaltig und bemessen sich an den im Einzelfall
bestehenden statischen und bauphysikalischen Anforderungen.

Vielfalt

Die Konstruktionen können Bestandteil des Gebäudetragwerks sein, beispielsweise als massive
Naturstein-, Mauerwerks- und Betonbauteile oder als stabförmige metallene/hölzerne Bauteile. Diese
werden häufig mit einer Bekleidung ausgestattet, entweder in unmittelbarem Verbund (z. B. als
Wärmedämmverbundsystem) oder als sogenanntes Vorhangsystem mit/ohne Hinterlüftung.

Hinterlüftete Paneelbekleidung an einem Neubau

Hinterlüftete Paneelbekleidung an einem Neubau

Historische hinterlüftete Bekleidung aus Faserzementplatten

Historische hinterlüftete Bekleidung aus Faserzementplatten

Fassadenkonstruktionen können auch außen vor einem Gebäudetragwerk angeordnet, von Tragwerksteilen durchdrungen oder in Tragwerksöffnungen integriert sein (z. B. als selbsttragende Pfosten-Riegel-Konstruktion). Vergleichsweise schwere Naturstein- oder Betonbekleidungen müssen für sich selbst ausreichend tragfähig und auch in tragfähigem Untergrund befestigt sein.

Schutzfunktionen

Moderne Konstruktionen bieten deutlich mehr als nur Schutz gegenüber witterungsbedingten Einwirkungen, müssen vielmehr mehrere Funktionen erfüllen und bilden deshalb teils hochkomplexe Systeme.

Wärmeschutz

Eine Bemessung nach winterlichen oder sommerlichen Gesichtspunkten muss in Deutschland gemäß den bauzeitlichen anerkannten technischen Regeln erfolgen bzw. seit Inkrafttreten des ersten Energieeinsparungsgesetzes im Jahr 1976 den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Diesbezügliche Neubaukonzeptionen werden von Sachverständigen für energetische Gebäudeplanung (Sonderfachleute) vorgenommen.

Durch Fassadenkonstruktionen hindurchführende Tragwerksbauteile bilden Wärmebrücken, die häufig mit ungewollt hohen Wärmeenergieverlusten einhergehen. Diesbezügliche Auswirkungen müssen weitestgehend begrenzt werden, beispielsweise durch thermische Trennung im Querschnitt eines durchdringenden Bauteils oder durch dessen Dämmstoffummantelung, gegebenenfalls durch eine aktive oder passive Wärmebrückenbeheizung.

Feuchteschutz

Von Niederschlagswasser beanspruchte Baustoffe und Bauteile müssen ausreichend feuchtebeständig und widerstandsfähig gegenüber einer Frost-Tau-Wechsel-Einwirkung sein. Zudem müssen die Konstruktionen hinlänglich dicht sein gegenüber Regen mit Windeinwirkung, dem sogenannten Schlagregen. Durch Fugen hinterlüfteter Bekleidungen darf nur so viel Niederschlagswasser durchtreten, wie schadlos durch die Hinterlüftung wieder abgeführt werden kann.

Bauteilaufbauten müssen so bemessen sein, dass eine Besiedlung mit Schimmel und schädliches Tauwasser sowohl im Konstruktionsinnern als auch an der innenraumseitigen Bauteiloberfläche unterbunden wird. Dies kann unter anderem durch ausreichend dimensionierte Wärmedämmung, korrekt bemessene Diffusionswiderstände der Bauteilschichten sowie fachgerechte Luft- und Winddichtheit realisiert werden.

Unter speziellen Temperatur- und Feuchterandbedingungen tritt Tauwasser außenseitig an Fassaden auf (teils als Reif). Bei entsprechendem Nährstoffangebot findet an Außenflächen eine Algenbesiedlung statt. Zudem kann dort auch unter speziellen Randbedingungen eine Schimmelbesiedlung erfolgen (spezifisch bspw. für Dachüberstände).

Schallschutz und Akustik

Umgebungslärm und/oder besonderes Ruhebedürfnis im Gebäudeinnern erfordern Konstruktionen mit
ausreichendem Schallschutz. Massive Außenwandaufbauten und Schallschutzverglasungen liefern ein ausreichendes Dämmvermögen auf vergleichsweise einfach zu bemessende Weise.

Aufwändigere ingenieurgemäße akustische Konzeptionen, wie beispielsweise bei verkehrslärmbeanspruchten Konstruktionen mit Lüftungsöffnungen oder bei Nachhallzeitbegrenzungen in Schwimmbädern werden von Fachingenieuren bzw. Sachverständigen für Schallschutz/Akustik (Sonderfachleute) erbracht.

Brandschutz

An Fassaden bestehende Anforderungen werden planerisch im Rahmen der bauwerksbezogenen Brandschutzkonzeption von Brandschutzfachingenieuren bzw. Brandschutzsachverständigen (Sonderfachleute) umgesetzt. Für Fassadenbekleidungen, die unter anderem Brandschutzfunktionen erfüllen (z. B.
Wärmedämmverbundsysteme), müssen in Deutschland die nötigen konstruktiven Brandschutzvorkehrungen in einem, von den Bauordnungen der Bundesländer bzw. den entsprechenden Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen (VV TB) erforderten und einer akkreditierten Prüfstelle erteilten, bauartbezogenen Verwendbarkeitsnachweis beschrieben sein. Dabei kann es sich um eine Europäisch Technische Zulassung (ETA), ein Europäisches Anwendungsdokument (EAD) oder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) handeln.

Technische Mängel und Schäden

Die auf technische Mängel zurückzuführenden Schäden an Fassadenkonstruktionen, wie beispielsweise statisch-konstruktiv bedingte Risse/Abplatzungen oder auch Durchfeuchtungen, sind so vielgestaltig, wie die in der Praxis vorkommenden individuellen Fassadenkonstruktionen. Neben grundlegenden strukturellen Mängeln sind häufig auch unzureichend planerisch vorgegebene oder nachlässig ausgeführte einfache Detailkonstruktionen schadensträchtig.

Feuchtebedingter Sockelschaden an einem Neubau (Bildmitte)

Feuchtebedingter Sockelschaden an einem Neubau (Bildmitte)

Aufgrund fehlender Tropfkante übermäßig feuchtebeanspruchte Sturzunterseite

Aufgrund fehlender Tropfkante übermäßig feuchtebeanspruchte Sturzunterseite

Sachgemäß ausgebildete Tropfkante

Sachgemäß ausgebildete Tropfkante

Übermäßig feuchtebeanspruchter Sockel (oben) vor der Anordnung eines sachgemäßen
Kiesbetts (unten)

Übermäßig feuchtebeanspruchter Sockel (oben) vor der Anordnung eines sachgemäßen Kiesbetts (unten)

Selbst bei mangelfrei ausgeführten und fachgerecht unterhaltenen Konstruktionen stellen sich im Laufe der Zeit, häufig unter dem Oberbegriff Verwitterung zusammengefasste, Schäden ein, wenn Bauteile altersbedingt funktionsunfähig werden (u. a. sonnenlichtbedingt brüchig gewordener Kunststoff). Zur Vermeidung ausufernder Schädigungen müssen Bauteile dann grundlegend instandgesetzt oder vollständig erneuert werden. Sofern von herabzufallen drohenden Fassadenbestandteilen eine Personen- oder Sachgefährdung ausgehen sollte (sog. Verkehrsgefährdung) müsste vorübergehend eine Absicherungsmaßnahme ergriffen werden.

Fehlfläche in einem schadhaft gewordenen Putz

Fehlfläche in einem schadhaft gewordenen Putz

Optische Beeinträchtigungen

Neubaukonstruktionen können durch baustoff- und handwerksspezifische Unregelmäßigkeiten optisch beeinträchtigt werden, wobei sich häufig die Frage aufwirft, inwieweit die Beeinträchtigungen hingenommen werden müssen oder unbedingt eine Beseitigung erfordern.

Sofern für das optische Bild einer handwerklichen Ausführung kein allgemein anerkannter Beurteilungsmaßstab existieren sollte, empfiehlt sich mit Blick auf eine diesbezügliche Streitvermeidung, die vorsorgliche Vereinbarung eines maßgebenden Ausführungsmusters.

Ausführungsmuster einer Riemchenbekleidung

Ausführungsmuster einer Riemchenbekleidung

Bei Fassaden im Bestand können insbesondere Ablagerungen, charakteristische Verschmutzungsbilder und Ausbleichungen optisch beeinträchtigen.

Ausgeprägte Ablagerungen in den oberen Bereichen eines Hochhauses

Ausgeprägte Ablagerungen in den oberen Bereichen eines Hochhauses

Verschmutzungsbild aufgrund geringer Regenüberspülung unter einem Fenstersims

Verschmutzungsbild aufgrund geringer Regenüberspülung unter einem Fenstersims Sich aus der Umgebungsluft an Bauteiloberflächen anhaftende Schwebstoffe können mit den
Baustoffen insbesondere in Verbindung mit Feuchte chemisch reagieren und, zum Teil schwer
lösliche, optisch beeinträchtigende Krusten bilden.

Schwärzliche Kruste an einem Sandsteinbauteil

Schwärzliche Kruste an einem Sandsteinbauteil

Auch Verfärbungen aufgrund chemischer Unverträglichkeiten zwischen Fassadenbaustoffen sowie feuchtebedingt herausgetragene Substanzen, wie beispielsweise freie Bindemittelbestandteile oder Korrosionsprodukte können optisch beeinträchtigen.

Grünliche Korrosionsproduktablagerungen an einer historischen Fassade

Grünliche Korrosionsproduktablagerungen an einer historischen Fassade

Beratende und gutachterliche Tätigkeiten zu Fassadenkonstruktionen

Im Spektrum der Fassadenkonstruktionen

  • erfolgen gutachterliche Beratungen und es
  • werden Gutachten erstellt,
    – zu technischen Mängeln
    – zu Schadensursachen,
    – zu optischen Beeinträchtigungen,
    – zu Sanierungs-, Instandsetzungs- und Instandhaltungsmöglichkeiten und
  • bei Bedarf
    – die technische Realisierbarkeit,
    – eine problemlose handwerkliche Ausführbarkeit sowie
    – ein wirtschaftlich angemessenes Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen
    berücksichtigt.